Dienstag, 1. Juli 2014

Tag 96: Vom Goldenen Schweizerland

Wir wissen es schon lange: früher war immer alles besser. Und glaubt man dieser Sage, so war es früher sogar gefährlich viel besser! 'Vom Goldenen Zeitalter im Schweizerland' leitet 'Alpensagen und Sennengeschichten aus der Schweiz' ein:

Viele viel früher -also in  uralten Zeiten- hingen die Birnen tausendmal grösser an den Bäumen als heute. Eine einzige Birne soll eine ganze Woche Saft für den ganzen Hof geliefert haben und den Stiel habe man mit Ross und Wagen in die Sägerei fahren müssen, um daraus Täferholz zu sägen.
Im Guggernell habe eine einzige Erdbeere eine ganze Alp inklusive Säue ernährt und die Trauben im Thurgau seien so gross gewachsen wie gute Mostäpfel. Wenn eine Traube einem Bauern unters Wagenrad fiel, so vermochte sie den Wagen zu stoppen.
Nebst unglaublichen Früchten wohnten auch noch Riesen und Zwerge in der Schweiz und die Simmentaler Kühe gingen in keinen Stall, weshalb sie ausschliesslich Freilandfleisch lieferten. Und ihre Hörner sollen so lang gewesen sein, dass man zu Ostern reinblasen musste, wenn man zu Pfingsten etwas hören wollte! In Melchnau gab es gar eine Riesenkuh: beim Melken standen ihre Vorderbeine im Guger und ihre Hinterbeine im Bottmet, was rund eine halbe Stunde Fussmarsch bedeutet. Eine andere Kuh konnte sogar von Oberried aus über die Berge hinweg im Wallis grasen.
Natürlich produzierten solch Riesenkühe auch enorm viel Milch, was zu einem Problem der Aufbewahrung führte, weshalb man Teiche grub, welche die Sennenbuben allabendlich von kleinen Booten aus abrahmten. Das Ufer des Teichs sei aus Käselaiben aufgeschichtet gewesen, so hoch, dass drei Mäher ihre Sägessen dengeln und trotzdem einander nicht hören konnten.
Ein Sennenbub soll einmal zu schnell auf dem Milchweiher unterwegs und so einen Ankenballen gerammt haben, dass er vom Schiffchen stürzte und ersoff. Ein paar Tage später erst tauchte er  im schäumenden Nidel eines Butterfasses auf.
Auf dem Qeissenberg soll man das Käsekessi ausgewaschen haben, indem man einen Esel rein stellte, ihm Putzlumpen an die Hufe band und die Kühe ihn trieben, bis das Kessi blitzblank war.
Heute ist leider von all dem nichts mehr übrig als ein gewaltiger Butterklumpen, der in eine spitze, weisse Fluh verwandelt in den Bergen steht, woran die Sennen in erbärmlichen Hütten hausen.

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